2.3. Erstausbildung sowie Fort- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer
Sowohl die Erstausbildung als auch die Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte sind äußert wichtig, um sicherzustellen, dass die Lehrkräfte die erforderlichen Kompetenzen, Fähigkeiten und das Fachwissen erwerben, um auf verschiedene Situationen im Klassenraum reagieren zu können. Professionalität wird in einen positiven Zusammenhang mit der Lehrerzufriedenheit gebracht. Das gilt vor allem für Lehrer, die unter besonders anspruchsvollen Bedingungen arbeiten, etwa an Schulen mit hohem Anteil sozioökonomisch schwacher oder bildungsbenachteiligter Schüler oder mit sehr heterogenen Lerngruppen.
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Im Rahmen der Erstausbildung sollten alle Lehramtsstudenten und neue Lehrer die Möglichkeit haben, in der Praxis ein möglichst gutes Verständnis für das Wesen, die Ursachen und das Ausmaß von frühzeitigem Schulabgang und Bildungsbenachteiligung zu entwickeln. Allen Lehrern muss unbedingt bewusst sein, welche zentrale Rolle sie bei der Unterstützung der kontinuierlichen Entwicklung und Bildung der Kinder sowie bei der Früherkennung von Lernschwierigkeiten oder des Rückzugs aus dem Bildungssystem spielen. Dazu gehört auch, dass die Lehrer wirksam miteinander, mit anderen Fachkräften inner- und außerhalb der Schule sowie mit Eltern und Familien zusammenarbeiten müssen.
Lehramtsstudierenden sollten Gelegenheiten zum praktischen Umgang mit Bildungsbenachteiligung im Schulalltag und Kontakt mit multikulturellen Umgebungen haben, beispielsweise durch Berufspraktika an Schulen mit einer hohen Schulabbruchquote oder einem hohen Anteil an sozioökonomisch benachteiligten Schülern, oder durch die Arbeit mit sozial schwachen Familien. Alle jungen und neuen Lehrkräfte sollten eine systematische Einführung absolvieren, die ihrem Bedarf gerecht wird, und an einer Schulung teilnehmen, unter anderem durch das Kollegium und mit zusätzlicher Unterstützung eines qualifizierten Mentors.
Alle Lehrer sollten dazu ermutigt werden, Netzwerke mit anderen Lehrern und Forschern für den Informationsaustausch und den Aufbau von Wissen darüber aufzubauen, wie die inklusive Bildung verbessert und frühzeitige Schulabgänge bekämpft werden können. Die Erstausbildung und die Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte erfolgen im Rahmen einer Kultur von zwischenmenschlichem Vertrauen in den Schulen. In einem vertrauensvollen Klima können Lehrer als Veränderungsfaktoren auftreten. Die Lehrerentwicklung kann durch formative und summative Beurteilung erfolgen. Im Rahmen der Programme für die Erstausbildung und die Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte sollte das Verständnis von frühzeitigen Schulabgängen ein zentrales Element werden. Die berufliche Fort- und Weiterbildung sollte kontextspezifisch erfolgen und auf die besonderen Bedürfnisse und Ziele der Lernenden und der Schulen abgestimmt werden. Der Teilhabe der Kinder sollte ausreichend Platz in der Programmen zur beruflichen Entwicklung eingeräumt werden.
Aktuellen Studien zufolge gibt es mehrere Bereiche, in denen Lehrer einen mäßigen oder hohen Fort- und Weiterbildungsbedarf sehen:
- Kompetenzen zur Erkennung von gefährdeten Lernenden
- Ursachen und Folgen bei frühzeitigem Schulabgang
- Prävention von frühzeitigem Schulabgang, Intervention und Maßnahmen zur Bekämpfung
- Arbeit mit Eltern
- Fächerübergreifende Unterrichtskompetenzen
- Unterricht in einem mehrsprachigen oder multikulturellen Umfeld
- Berufsorientierung und -beratung für Schüler
- Unterricht für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf
- Einsatz neuer Technologien am Arbeitsplatz
- Ansätze für individuelles Lehren und Lernen
- Durchführung von klassenbasierter individueller und kooperativer Forschung.
Folgende Fort- und Weiterbildungskonzepte sind besonders gut geeignet, um gleichzeitig eine kooperative Schulkultur zu fördern:
- Aufbau von Kollegien und Lehrernetzwerken
- Peer-to-Peer-Learning
- Peer-Beobachtung
- Interne Schulungen
- Betreuung und Coaching im Kollegium und mit anderen Fachkräften
- Einplanung von Raum und Zeit für gemeinsame Reflexion und Analysen im Kollegium über Wege zur Bewältigung aktueller Probleme und zur Verbesserung des Lern- und Schulklimas und Austausch von Beobachtungen, Erfahrungen und Ansichten
- Online oder persönlich durchgeführte (externe) Kurse
- Erforschung kooperativer Maßnahmen zur Erprobung innovativer Lehrverfahren
- Datenbank für Lehrverfahren für den Wissensaustausch über wirksame Verfahren
- Regelmäßige Lehrerbewertungen
Weitere Informationen:
Europäische Kommission, Strengthening teaching in Europe: New evidence from teachers compiled by Eurydice and CRELL, June 2015 (Stärkung von Erziehung und Unterricht in Europa: Neue Erkenntnisse aus der Befragung von Lehrern, zusammengestellt von Eurydice und CRELL, Juni 2015), Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg, 2015.
Weitere Lektüre:
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Carneiro, R., Looney, J., Vincent-Lancrin, S., Learning from the Past, Looking to the Future: Issues and agendas in education (Aus der Vergangenheit lernen, in die Zukunft blicken: Themen und Agenden im Bereich der Bildung), European Journal of Education, Band 50, Nr. 4, 2015, S. 524–535. doi: 10.1111/ejed.12158.
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Day, L., Mozuraityte, N., Redgrave, K., McCoshan, A., Preventing early school leaving in Europe: Lessons learned from second chance education (Prävention von frühzeitigen Schulabgängen in Europa: Erkenntnisse im Rahmen des zweiten Bildungswegs), Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg, 2013.
Day, L., Percy-Smith, B., Ruxton, S., McKenna, K. Redgrave, K., Ronicle, J., Young, T., Evaluation of legislation, policy and practice of child participation in the EU: Research summary (Bewertung von Gesetzgebung, politischen Maßnahmen und Praxis der Kinderbeteiligung in der EU: Forschungsbericht), Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg, 2015.
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Europäische Kommission, Schulpolitik: Ein ganzheitlicher Ansatz für die Schule zur Bekämpfung des Schulabbruchs, Allgemeine und berufliche Bildung 2020, Europäische Kommission, Brüssel, 2015.
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