Eltern und Familien haben den unmittelbarsten und nachhaltigsten Einfluss auf das Lernen und die Entwicklung eines Kindes. Als erste Erzieher ihrer Kinder spielen sie für deren Bildungsweg eine zentrale Rolle. Eine anregende und lernförderliche häusliche Umgebung und elterliches Engagement bei schulischen Aktivitäten sind für die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung eines Kindes entscheidend. Wenn Eltern von Anfang an mit ihren Kindern spielen, ihnen vorlesen, ihnen bei den Hausaufgaben helfen, mit ihren Kindern zu Hause über schulische Themen sprechen oder an Elternsprechtagen und anderen schulischen Aktivitäten teilnehmen, hat dies eine positive und nachhaltige Wirkung auf die Lernbereitschaft der Kinder, ihre Aufmerksamkeit, ihr Verhalten und ihre fachlichen Leistungen. Auch die Bildungserwartungen der Eltern spielen für den Lernprozess der Kinder eine wesentliche Rolle. Daher ist es für eine gute Entwicklung von Kindern und jungen Menschen sehr wichtig, schon in frühen Jahren eine Partnerschaft zwischen Schule und Familie aufzubauen und die Eltern als Lernpartner einzubeziehen.
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Allerdings kann das Verhältnis zwischen Schulen, Eltern und Familien auch eine Herausforderung darstellen. Viele Eltern aus benachteiligten Gruppen haben zwar hohe Erwartungen und wünschen sich das Beste für den Schulbesuch ihrer Kinder, beteiligen sich aber nicht, weil sie mit dem jeweiligen Schulsystem nicht vertraut sind und ihnen die Kultur und die „Sprache“ der Schule fremd sind. Manche sind möglicherweise aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen mit schulischem Versagen demotiviert oder fühlen sich nicht in der Lage, ihre Kinder zu unterstützen. Eltern mit Migrationshintergrund haben eventuell das Gefühl, nicht über ausreichende Sprachkenntnisse zu verfügen, um mit den Schulen zu kommunizieren, ihren Kindern zu helfen und ihre Fortschritte zu überwachen. Möglicherweise empfinden sie eine Distanz zwischen ihren eigenen Werten und ihrer eigenen Kultur und denen des Gastgeberlandes, die in der Schule vertreten werden, und fühlen sich dadurch entmutigt. Alleinerziehung oder lange Arbeitstage oder unflexible Arbeitszeiten können weitere Hindernisse für die Einbeziehung der Eltern darstellen.
Auf der anderen Seite empfinden die Lehrer manche Eltern auch als passiv, eigennützig oder aufdringlich, oder es fehlen ihnen die Zeit und die Erfahrung, um mit Eltern unterschiedlicher Herkunft bzw. aus unterschiedlichen Verhältnissen zu kommunizieren, auf sie zuzugehen und einen wirksamen Austausch herzustellen. Sie befürchten vielleicht, dass die Einbeziehung der Eltern zu viel Zeit kostet und sie in der Ausübung ihres Lehrauftrags behindert. Zuweilen wird auch nicht ausreichend anerkannt, dass die Beteiligung der Eltern und Elternarbeit eine der Schüsselaufgaben von Lehrern und Schulen ist, um den Bildungserfolg der Lernenden zu fördern. Ferner verstehen die Lehrer möglicherweise die Gründe für eine Distanzierung oder Passivität der Eltern nicht, und die Rolle der Eltern in der Schule ist nicht klar definiert.
Effektive Partnerschaften zwischen Schulen und Familien müssen auf wechselseitigem Respekt und der Anerkennung des Wertes, der Stärken und der Erfahrung beider Seiten beruhen. Eltern und Familien jeden Hintergrunds und aller Bildungsschichten müssen sich an der Schule willkommen fühlen und als Ressource begriffen werden. Sie müssen von Anfang an als Bildungs- und Erziehungspartner in der Schulbildung ihrer Kinder anerkannt und angemessen unterstützt werden.
Untersuchungen haben gezeigt, dass ein multidisziplinäres Konzept unter Einbeziehung von Eltern, Kindern, Lehrern und anderen Fachkräften der Schlüssel zur Lösung von Verhaltensproblemen bei Schülern ist.
Weitere Informationen:
Claveria, J. V., & Alonso, J. G., Why Romà do not like mainstream schools: Voices of a people without territory (Warum Roma Regelschulen nicht mögen: Stimmen eines Volkes ohne Hoheitsgebiet), Harvard Educational Review, Band 73, Nr. 4, 2003, S. 559-590
Downes, P., Towards a Differentiated, Holistic and Systemic Approach to Parental Involvement in Europe for Early School Leaving Prevention (Auf dem Weg zu einem differenzierten, ganzheitlichen und systemischen Ansatz für die Einbeziehung der Eltern zur Vermeidung des frühzeitigen Schulabgangs). Für das URBACT-Projekt PREVENT erstellter Bericht, 2014.
Sheridan, S., Hoo Ryoo, J., Garbacz A, Kunz G., Chumney, F., 2013, „The efficacy of conjoint behavioral consultation on parents and children in the home setting: Results of a randomized controlled trial“ (Die Wirksamkeit der gemeinsamen Verhaltensberatung für Eltern und Kinder in der häuslichen Umgebung: Ergebnisse einer zufallsbasierten kontrollierten Studie), Journal of School Psychology, Band 51, S. 717-733.